Auch heute noch sind die Gedanken, die zu dem Begriff
Zigeuner (heute-
Sinti und
Roma) einfallen, zweigeteilt. Einerseits sind da die Klischeevorstellungen, die sich über Jahrzehnte gehalten haben, wie beispielsweise Zigeunermusik am flackenden Lagerfeuer, Großfamilien frei und weltweit unterwegs und Zigeunerfrauen beim
Kartenlegen und
Wahrsagen. Auf der anderen Seite sind da die negativen Meinungen zu diesen Menschen wie beispielsweise, dass sie alle nur betrügen, betteln und stehlen. Sie sind schmutzig und werden abwertend als Landstreicher bezeichnet.
Tatsächlich gibt es immer wieder Schlagzeilen, dass Zigeuner in kriminelle Machenschaften verwickelt sind. Doch können wir diese Menschen deshalb alle über einen Kamm scheren? Was ist dran an solchen Geschichten und was hat sich im Laufe der Zeit verändert?
Ein Volk mit langer Tradition.
Der Begriff
Zigeuner ist etwa seit dem frühen 15. Jahrhundert im mitteleuropäischen Sprachraum belegt. Einerseits dient er als Sammelbegriff in soziografischer Hinsicht, womit verschiedene ethnische und soziale Gruppen beschrieben werden, die sich am Rande der Mehrheitsgesellschaft bewegen. Anderseits gilt es als Ausdruck der Diskriminierung durch die Unterstellung einer kollektiven abweichenden Persönlichkeit.
Im heutigen Sprachgebrauch wird der Begriff Zigeuner durch
Sinti und
Roma ersetzt. Allerdings ist der altherkömmliche Begriff auch heute noch zu finden, und zwar im Bereich der
Esoterik. Hier wird mit den
Zigeuner-Karten im Ursprung gearbeitet. Die Bezeichnung bedeutet also keinesfalls eine menschliche Abwertung oder Herabstufung sondern weißt so einfach nur auf den Ursprung hin. Auch heute noch wird das Kartenlegen und Wahrsagen hauptsächlich von den Frauen praktiziert und diese Fähigkeit wird beständig von Generation zu Generation weitergegeben. Das
Zigeunertarot ist nach wie vor ein beliebtes Kartendeck.
Das Volk der Sinti und Roma ist ein eigenständiges Volk mit eigener Geschichte, Kultur, Sprache und bestimmten Tradition, die sich bis in die heutige Zeit gehalten haben. Auch wenn sich beispielsweise die Zahl der fahrenden Zigeuner deutlich verändert hat, da viele Sinti und Roma sesshaft geworden sind. Obwohl sie im Laufe der Geschichte verfolgt, gedemütigt oder hingerichtet wurden haben sie den Bezug zu ihren Wurzeln nicht verloren. Auch heute noch geht die Familie und dessen Zusammenhalt ihnen über alles.
Familie ist das höchste Gut der Sinti und Roma.
Familie bedeutet Sicherheit und Schutz, denn gemeinsam lässt es sich einfacher gegen negative Einflüsse von außen stellen. Somit wird das Leben und Überleben, gerade in einer fremden Umgebung, durch den Familienclan gesichert. Gleichzeitig bedeutet es aber auch nach klaren Regeln innerhalb der Familie zu leben, jeder übernimmt ihm zugeteilte Aufgaben, Bildung wird an die jüngere Generation weitergegeben und auch die Wirtschaftlichkeit wird hier nicht außer Acht gelassen.
Der Mann gilt im Familienclan als Oberhaupt, die Frau ist ihm standesmäßig untergeordnet. Eine riesige Kinderschar gilt als das größte Glück, außerdem steigt mit jedem weiteren Kind auch das Ansehen der Familie. Tatsächlich ist die Entwicklung in der heutigen Zeit recht positiv, wenn man sieht, dass sich auch die jungen Generationen mit der Kultur und den Traditionen der
Zigeuner identifizieren und diese auch praktisch leben. Somit bleiben die Familienstrukturen auch weiterhin gefestigt und vielleicht werden sie ja irgendwann ohne negatives Ansehen als Teil unserer Gesellschaft akzeptiert.
Zigeuner im Wandel der Zeit.
Die Urheimat der
Sinti und
Roma liegt im nordwestlichen Indien sowie im östlichen Pakistan. Im 9. Und 10. Jahrhundert verschleppten die Araber bei ihren Eroberungsfeldzügen die Menschen. Ziel war es sie als Sklaven und Soldaten in den Krieg zuschicken gegen die oströmischen Legionen. Im 11. Jahrhundert wurden etwa 500.000
Zigeuner auf den Feldzügen der Moslems gefangen genommen. Ein Großteil von ihnen landete als Sklaven auf dem Balkan, sowie in Griechenland, Serbien, Rumänien der Walachei oder in Transsylvanien.
Zur Zeit der Völkerwanderung, vor etwa 1000 Jahren, kamen die Vorfahren der heutigen Sinti und Roma über Armenien, Persien und griechisch besiedelte Kleinasien zu uns nach Europa. Man geht davon aus, dass bereits etwa seit dem Jahre 1400 die Vorfahren der deutschen Sinti in Mitteleuropa (Deutschland, Österreich und den angrenzenden Regionen) lebten. Der osteuropäische Raum hingegen wurde von den Vorfahren der deutschen Roma besiedelt. Heute leben Sinti und Roma in verschiedenen Gebieten verteilt.
Leider ging das dritte Reich auch nicht spurlos an den Zigeunern vorüber. Wurden Menschen als Zigeuner oder Zigeunermischlinge eingestuft, wurden sie kurzerhand deportiert. Von den etwa 23.000 deportierten Zigeunern verstarben etwa 19.00 während der Gefangenschaft. Ziel des NS-Regimes war es, das Zigeunerunwesen zu bekämpfen. Doch auch dieser negative Einschnitt in der Geschichte der Zigeuner konnte sie nicht von ihren Werten und Traditionen abbringen. Die Kultur der Zigeuner hat auch diese Zeit überstanden.
Vielleicht sollten wir alte Denk- und Glaubensmuster einfach mal ablegen und einen Blick hinter die Kulissen werfen. Auch wenn es für uns auch weiterhin eine fremde Kultur sein wird, so sollten wir doch ohne Vorurteile mit diesen Menschen umgehen und nicht einfach alle über einen Kamm scheren. Schließlich kann es ja nicht schaden, wenn wir unseren Horizont auch dahingehend ein wenig erweitern. Grundsätzlich gesehen sind Sinti und Roma auch nur Menschen, wie wir alle.
Rechtliche Hinweise